Statement zur Besetzung der Münze 13

Diese Stellungnahme ist durch den Arbeitskreis Soziales / Studierendenwerk des Studierendenrats Tübingen beschlossen.

[Ergänzung: Der Studierendenrat hat in seiner Sitzung am 15. März 2021 beschlossen, sich der Stellungnahme anzuschließen und Folgendes zu ergänzen:

Der Studierendenrat erklärt sich solidarisch mit den Studierenden der Wohnheime im StuWe e.V. Er spricht sich gegen ein Umlegen der Miete auf Studierende anderer Wohnheime, insbesondere denen des StuWe e.V.) aus.]

Wir solidarisieren uns mit den Bewohner:innen der Münze 13, ihrer Arbeit für den Erhalt des historischen Gebäudes und des Kulturzentrums Blauer Salon und ihrem Kampf für bezahlbaren, sozialen und selbstverwalteten Wohnraum in der Tübinger Innenstadt. In einem kürzlich veröffentlichten Statement der Bewohner:innen wird die Lage der Münze 13 ausführlich beschrieben [1].

Die Bewohner:innen der Münze 13 sind seit vielen Jahren bemüht, mit dem Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim (Anstalt des öffentlichen Rechts, im Folgenden StuWe AdöR) in Kontakt zu treten. Sie wollen einerseits über den mittlerweile erheblichen Sanierungsstau, andererseits über die Möglichkeit eines Verkaufs der Immobilie sprechen. Das StuWe AdöR, das über eine schwierige Konstruktion mit dem Studentenwerk Tübingen e.V. letztlich Vermieterin des Hauses ist, versperrt sich diesem Dialog allerdings seit Jahren konsequent. Vor einiger Zeit wurde sogar ein Verwaltungsratsbeschluss getroffen, der Mitgliedern des Verwaltungsrats verbietet, mit den Bewohner:innen über die Situation zwischen Münze und StuWe AdöR zu sprechen. Wir unterstützen die Bewohner:innen in ihrem Ziel, in der Altstadt langfristig selbstverwalteten und günstigen Wohnraum zu verankern. Durch das in Tübingen und anderswo sehr erfolgreiche Modell des Mietshäuser Syndikats kann wirklich selbstbestimmtes Wohnen auch in der Münze 13 Realität werden.

Sanierungsstau nicht auf Münze 13 beschränkt. 

Bewohner:innen der verschiedenen StuWe AdöR Wohnheime, insbesondere der teilselbstverwalteten, berichten uns immer wieder, wie renovierungsbedürftig die Häuser sind. Kleine Reparaturen werden durchgeführt, Renovierungsarbeiten bleiben aber aus. Wir befürchten, dass dieser Aufschub nicht nur kurzfristigen finanziellen Überlegungen entspringt, sondern gerade bei den teilselbstverwalteten Wohnheimen eine Strategie ist, um diese Selbstverwaltung aufzulösen. Wenn ein Wohnheim so renovierungsbedürftig ist, dass die Bewohner:innen entmietet werden können, wird aufwändig saniert und ohne Selbstverwaltung und gegebenenfalls teurer neu vermietet. 

Aber auch andere Wohnheime leben vor allem von der Bausubstanz. Das StuWe AdöR vernachlässigt damit seinen Auftrag, preiswerten und guten Wohnraum für möglichst viele Studierende bereitzustellen. Finanziellen Druck dazu gibt es nicht, denn in den letzten Jahren hat das Werk regelmäßig Überschüsse mit seinem Wohnsektor eingefahren und in den Jahresbilanzen Gewinne gemacht. Ein Skandal für eine eigentlich gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts, die nicht nur aus Steuermitteln, sondern maßgeblich aus direkten Beiträgen aller Studierender finanziert wird.

Verantwortung bei Geschäftsführung und Verwaltungsrat

Wir lasten diese Versäumnisse ausdrücklich nicht den Mitarbeiter:innen des StuWe AdöR an, die oft mit viel Einsatz hervorragende Arbeit für die Studierenden leisten. Verantwortlich ist die Geschäftsführung des StuWe AdöR. Oliver Schills Sparpolitik zielt seit vielen Jahren darauf ab, das StuWe AdöR zu einem profitablen Unternehmen zu machen. Dafür setzt Schill auf Wettbewerb der verschiedenen Standorte – etwa der unterschiedlichen Mensen. Dieser Wettbewerb steht im krassen Gegensatz zu ihren Aufgaben als Anstalt. Während dieses Verhalten durch das Finanzministerium gelobt wird, leiden darunter die Studierenden vor Ort und innerhalb des StuWe AdöR entsteht eine Konkurrenz der verschiedenen Standorte, die nur mit Solidarität überwunden werden kann. Ein Studierendenwerk ist kein Unternehmen, erst recht keines, das Gewinne machen soll. Es ist zur Unterstützung und Selbsthilfe der Studierenden da. Diesem Auftrag wird das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim nicht gerecht. Das zeigt sich nicht nur bei den Wohnheimen, sondern auch in anderen Sektoren. So wird in der Gastronomie seit Jahren versäumt, die Nachfrage nach pflanzlichen Gerichten zu decken. In der Beschaffung wird vermeintlich zur Kostensenkung die Zusammenarbeit mit anderen Studierendenwerken (Einkaufsgemeinschaft Süd-West) abgelehnt. Trotzdem sind die Essenspreise in den vergangengen Jahren spürbar gestiegen. Auf der Morgenstelle ist das Gastronomieangebot so unzureichend, dass die Universität Foodtrucks von Drittanbietern bestellt hat. 

Auch die Kinderbetreuung wurde erst kürzlich zurückgefahren, ein schwerer Schlag für Studierende mit Kind und frische Absolvent:innen. Die Effektivität der psychosozialen Beratungsstelle leidet ebenfalls seit längerem an ihrer geringen Kapazität. In der momentanen Krise fällt dieser Mangel besonders stark auf. Viele andere Studierendenwerke haben bessere Antworten auf die momentane Krise und generelle Aufgaben gefunden. 

Verantwortung für diese Zustände trägt aus Sicht des AK StuWe auch der Verwaltungsrat und sein langjähriger Vorsitzender, der Rektor der Universität Tübingen, Bernd Engler. Es ist seine Aufgabe, die Geschäftsführung zu kontrollieren, in die richtigen Bahnen zu lenken und im gegebenenfalls zum Wohl des Studierendenwerks und seiner Student:innen auszutauschen. Auch das zuständige Ministerium, welches im Verwaltungsrat vertreten ist, müsste stärker steuernd für die Interessen der Studierenden eintreten, wenn diese durch StuWe AdöR und Universität nicht wahrgenommen werden. 

Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um den Aufgaben nachzukommen und das eigene Handeln zu reflektieren. Wir fordern das StuWe AdöR auf, mit den  Bewohner:innen der Münze 13 in einen konstruktiven Dialog zu treten und hierbei auch über ein realistisches Verkaufsangebot zu sprechen.

Wir fordern weiterhin, den Sanierungsstau in allen Wohnheimen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zu beenden, weiteren Wohnraum zu schaffen und insbesondere (teil-)selbstverwalteten Wohnraum zu fördern.

Häuser denen die drin Wohnen!

Für ein Studierendenwerk für die Studierenden!

[1] https://muenze13.wordpress.com

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Der Arbeitskreis StuWe / Soziales / Semesterticket ist ein offener Arbeitskreis des Studierendenrats, in dem sich alle Studierenden einbringen können. Der AK „beschäftigt sich mit den Themen und Tätigkeiten des Studierendenwerkes […]. Er setzt sich im Rahmen der Mandate für die sozialen Belange der Studierenden ein.

Der Arbeitskreis führt zur Erfüllung seiner Aufgaben Aktionen und Veranstaltungen durch.“ Der vorliegende Text wurde durch den AK am 27.02.2021 verabschiedet. Der Studierendenrat ist aufgefordert, sich dem vorliegenden Text anzuschließen.

Lukas

Tübingen Students' Union